Aufbruch im alten Damenstift

Dienstbeginn der Petrusbruderschaft in München
und Amtseinführung von P. Christian Jäger FSSP

von Pater Lic. Sven Leo Conrad FSSP
 

„Gut Ding will Weile haben!“ P. Christian Jäger sprach in seinen Dankesworten nach der hl. Messe in der Münchener Damenstiftskirche vielen aus dem Herzen, als er darauf verwies, wie lange man in den Verhandlungen zwischen der Erzdiözese München und Freising und unserer Priesterbruderschaft St. Petrus um eine möglichst gute Lösung für ein Apostolat in der Münchener Innenstadt bemüht war. Auf ein solches Apostolat haben viele Gläubige gewartet, und in diesem Anliegen haben sie gebetet! Manche treuen Freunde der Gemeinschaft sind uns bereits in die Ewigkeit vorangegangen und haben nun wohl auf eigene Weise den 7. September mitgefeiert. Dieser Tag markiert den feierlichen Dienstbeginn der Priesterbruderschaft St. Petrus in der bayerischen Landeshauptstadt. Als erster Seelsorger dieser neuen Gemeinde für die traditionelle Liturgie, die freilich aus dem Mühen vieler Priester zuvor hervorgegangen war, wurde P. Christian Jäger FSSP in sein Amt eingeführt.

Die Damenstiftskirche St. Anna war bis zu den Stehplätzen hin mit Gläubigen aller Altersschichten gefüllt, als P. Jäger zum Levitierten Hochamt einzog. Außer dem Distriktsoberen, P. Axel Maußen FSSP, waren auch andere Mitbrüder zu diesem freudigen Anlaß ins alte Damenstift gekommen. Ein besonderer Grund zur Freude und zugleich eine Ehre war es, daß der für München Stadt zuständige Bischofsvikar, Rupert Graf zu Stolberg, die Einladung angenommen hatte, im Chor die Messe mitzufeiern und die Predigt zu halten. In seiner Homilie gelang ihm eine schöne Verbindung zwischen dem Evangelium des 13. Sonntags nach Pfingsten und dem besonderen Anlaß dieses Tages. Es ging um die Heilung der zehn Aussätzigen (Lk 17,11-19). Der Festprediger gliederte seine Auslegung dieser Perikope nach drei gedanklichen Schwerpunkten. Zunächst interpretierte er die Art der geschilderten Erkrankung. Die „Leprosi“ waren damals nicht nur die Leprakranken sondern alle von einer Hautkrankheit Betroffenen. Diese Menschen wurden ausgesondert aus Angst vor Ansteckung, aber auch wegen der „Vorstellung, daß es einen Zusammenhang zwischen Innen und Außen gibt.“ Jesus thematisierte dies nicht weiter. „Es ist ja geradezu eine Mode, sich zu rechtfertigen, daß man so ist, wie man ist, weil man eine schwierige Kindheit gehabt hat, weil es in den Genen liegt usw. Damit hält Jesus sich aber bei keiner Heilung oder Sündenvergebung lange auf. Wichtig ist lediglich, daß die zehn ihren Aussatz erkennen und Christus um Erbarmen bitten.“ Als zweiten Punkt vertiefte der Prediger die Frage, was denn überhaupt ‚Aussatz‘ sei und wie man ihm begegne. Das Beispiel Jesu richte sich gegen Ausgrenzung. Es sei mit Blick auf den Herrn „vielmehr unsere dringende Aufgabe, jeden Ausgegrenzten (verschuldet oder unverschuldet) zurück in die Gemeinschaft mit den Menschen und mit Gott zu führen.“ Nicht alles Abweichen vom Mainstream sei als Aussatz zu brandmarken. „Als Christen wissen wir, daß oft das Gegenteil der Fall ist.“ Dies war die passende Überleitung zum freudigen Anlaß des Tages. Der Bischofsvikar sagte: „In Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs, der auch an der Kirche nicht vorübergeht, müssen wir aber auch innerkirchlich vorsichtig sein, bevor wir uns gegenseitig die Rechtgläubigkeit absprechen. Deshalb bin ich auch froh, daß die Liturgie der Forma extraordinaria hier in der Damenstiftskirche einen festen Ort hat. Und ich danke Pater Jäger und der Petrusbruderschaft für ihre Bereitschaft, hier ihren Dienst zu tun und die Liturgie und die Seelsorge zu intensivieren. Daß die Liebe zur ‚Alten Messe‘ nun wirklich kein Aussatz ist, hat Papst Benedikt in seinem Motu proprio ‚Summorum Pontificum ja eindeutig klargestellt. Er spricht vielmehr davon, daß es nicht angebracht ist, von diesen beiden Fassungen des Römischen Messbuchs als von ‚zwei Riten‘ zu sprechen. Es handelt sich vielmehr um einen zweifachen Usus ein und desselben Ritus. Wir dürfen dankbar sein für die Vielfalt und den Reichtum, den die katholische Liturgie für uns bereithält. Und wir dürfen dankbar sein, daß wir uns dennoch gemeinsam in der einen Kirche um den einen Christus versammelt wissen. Deshalb ist es wichtig, daß Vielfalt nicht Beliebigkeit heißt.“ Als dritten Punkt seiner Predigt nannte Graf zu Stolberg die Dankbarkeit des geheilten Samariters. „Diese Dankbarkeit sollten wir nicht vergessen: für jede Beichte, für jede Begegnung mit Christus in der Eucharistie, wo er uns in seine Nähe holt, in die Mitte der Gemeinschaft der Kirche.“ Der Bischofsvikar überbrachte in seiner Predigt auch die Grüße des Erzbischofs und bemerkte, wie Kardinal Marx sich freue, daß die Petrusbruderschaft nun ihren Dienst an der Damenstiftskirche beginnen könne.

Nach der heiligen Messe richtete P. Jäger einige Worte an seine neue Gemeinde, Worte der Begrüßung und des Dankes. Dabei brachte er nach einer kurzen Vorstellung seiner Person seinen Dank gegenüber dem Erzbischof und den Verantwortlichen der Ortskirche zum Ausdruck, gehe doch alle kirchliche Sendung immer vom rechtmäßigen Bischof aus. Sein Dank galt aber auch einem großen Sohn der Stadt, dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Ohne sein weitsichtiges Motu proprio Summorum Pontificum wäre dieser freudige Tag wohl kaum Wirklichkeit geworden.
P. Jäger bemerkte, wie es ihn als Mitglied der Priesterbruderschaft St. Petrus besonders freue, daß sich die Damenstiftskirche gerade auf dem Pfarrgebiet von St. Peter befindet. Er verwies zudem auf ein Wort des in München noch gut bekannten früheren Stadtpfarrers von St. Peter, Prälat Max Zistl, der in den schweren Zeiten nach dem Krieg maßgeblich für den Wiederaufbau des ‚Alten Peters‘ war. Er habe seinen Katecheten ans Herz gelegt, daß die Kinder gerne zum Religionsunterricht kommen müßten. P. Jäger gab voller Hoffnung den Wunsch an die Gläubigen mit, sie mögen alle gerne ins Damenstift kommen. Nach der Ansprache des neuen Seelsorgers folgte eine kurze Sakramentsandacht, in der mit einem feierlichen ‚Te Deum‘ aller Dank vor den Dreifaltigen Gott als Geber alles Guten gebracht wurde. Festlich spielte die Orgel zum Auszug. Die Messe war beendet, aber dieses Levitenamt war ein Beginn und somit auch ein ‚Einzug‘ in ein neues, weites Arbeitsfeld im Weinberg des hl. Korbinian (Bistumspatron). Liturgie und Apostolat bedingen sich.
Nach dem ‚Te Deum‘ fanden sich viele Gläubige zu einem Empfang im Hof des Damenstiftes ein, um ihren neuen Seelsorger zu begrüßen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Gemeinde kann nun zusammenwachsen. Das geduldige Warten hat ein Ende. Eine zukunftsweisende Lösung ist seine reife Frucht. Es war sowohl unserer Gemeinschaft als auch dem Erzbistum ein echtes Anliegen, daß St. Anna nicht nur der Zelebrationsort der forma extraordinaria ist, sondern sich von hier aus eine umfängliche Seelsorge entwickelt. Möge der 7. September ein echter Aufbruch gewesen sein.