Artikel aus dem Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus - Januar 2014 (Jubiläumsnummer)
 

Erneuerung aus lebendiger Tradition

Was ist die Priesterbruderschaft St. Petrus und wofür steht sie?
Ein Beitrag über ihre Entstehung und ihr Charisma.
P. lic. Sven Leo Conrad FSSP

 

Angesichts eines so freudigen Ereignisses wie des 25-jährigen Bestehens unserer Gemeinschaft mag es Verwunderung hervorrufen, dass unser offizielles Wappen von drei Tränen geprägt ist. Um dies zu verstehen, müssen wir ein wenig weiter ausholen.
Unsere westliche Kultur ist seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in einen dramatischen Prozess der Säkularisation hineingenommen, die der katholische Philosoph Josef Pieper bereits im Jahr 1953 als „Erblindung“ beschrieben hat, „durch welche nicht formell das Christsein, sondern das Menschsein angetastet wird“ (J. Pieper, Werke in acht Bänden, Bd. 7, 438).
In den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hatte diese Bewegung die Kirche voll erfasst. Dies äußerte sich in einer falschen Umsetzung der Konzilslehre, wobei diese als Bruch mit der bisherigen Tradition und als totale Neuausrichtung kirchlichen Lebens interpretiert wurde. Es waren dies jene Jahre, in denen man den Eindruck haben konnte, „dass eigentlich nichts fest sei in der Kirche, dass alles zur Revision stehe.“ (J. Ratzinger, Mein Leben, 134). Es waren dies jene Jahre, in denen Theologen Irrlehren in die Welt setzten und den Glaubenssinn der Menschen schwer verunsicherten, Jahre, in denen Bischofskonferenzen gegen eindeutige und gewichtige, die christliche Moral betreffende Entscheidungen des Papstes aufbegehrten und damit letztlich kirchlicher Autorität selbst den Boden unter den Füßen entzogen. In mancherlei Hinsicht wirken diese schweren Verwerfungen kirchlichen Lebens und Glaubens bis heute fort.
Auch die Umsetzung der vom II. Vatikanischen Konzil gewollten Liturgiereform geriet zum Teil in den Sog dieses Zeitgeistes, wenn man glaubte, die Eucharistielehre in ihrem katholischen Kern verändern zu können. „Ich habe den Eindruck, dass vor allem in der Frage der Sakramente viel der protestantischen Mentalität zugestanden wurde“, schrieb damals Kardinal Antonelli in sein Tagebuch (N. Giampietro, Il Card. Ferdinando Antonelli, 264, Original italienisch), einer, der die Vorgänge aus nächster Nähe beobachtete.
Kardinal Ratzinger beklagte, dass man das neue Messbuch „als Neubau gegen die gewachsene Geschichte stellte, diese verbot und damit Liturgie nicht mehr als lebendiges Wachsen, sondern als Produkt von gelehrter Arbeit und von juristischer Kompetenz erscheinen ließ“, was „einen Bruch in die Liturgiegeschichte getragen“ habe, „dessen Folgen nur tragisch sein konnten.“ Ganz deutlich sagt er, „dass die Kirchenkrise, die wir heute erleben, weitgehend auf dem Zerfall der Liturgie beruht“ (J. Ratzinger, Aus meinem Leben, 173 und 174). Dieser Zusammenhang kann eigentlich nicht verwundern, bringt doch die Kirche in ihrer hl. Liturgie ihr Wesen und ihren Glauben zum Ausdruck. Der eingangs erwähnte Josef Pieper hatte diese Entwicklung bereits im Kontext der Säkularisierung vorhergesehen: „Es geschieht dies: Die Menschen verlieren die Fähigkeit, zu sehen, dass so etwas wie der Vollzug eines kultischen Opfers überhaupt sinnvoll oder gar notwendig sein könnte. Und folglich weiß man nicht mehr zu sagen, wieso der Priester, nicht allein der christliche, eine unentbehrliche oder auch nur sinnvolle Gestalt sein soll innerhalb des menschlichen Gemeinlebens.“ (s. oben).
In all dieser Verwirrung wandten sich einige Seminaristen Ende der 1960er-Jahre an den im Ruhestand lebenden früheren Erzbischof von Dakar, Bischof von Tulle und Generaloberen der Spiritaner, Marcel Lefebvre. Dieser gründete schließlich 1970 die Priesterbruderschaft St. Pius X. und ein Priesterseminar in Fribourg (Schweiz) zur Ausbildung der jungen Theologen. Diese studierten anfänglich an der dortigen Universität, die damals einen sehr rechtgläubigen Ruf genoss.
Die anfangs mit dem Segen der Kirche erfolgte Gründung schlug im Lauf der Jahre immer mehr einen Kurs ein, der Lefebvre der Einheit mit dem Papst entfremdete. Eine Erklärung aus dem Jahr 1974 legte im Nachhinein bereits die Grundlagen späterer Entwicklungen, wobei Erzbischof Lefebvre „das Ewige Rom“ gegen das „Rom der neomodernistischen und neoprotestantischen Tendenz“ stellte. Mit Letzterem gemeint war das aktuelle Rom, waren Papst und Konzil. Es entwickelte sich eine Geisteshaltung, die Kardinal Ratzinger später als „engstirnig“ und „einseitig“ bezeichnen sollte. An dieser Entwicklung der tiefen Entfremdung der Priesterbruderschaft St. Pius X. vom römischen Lehr- und Hirtenamt war die kirchliche Autorität nicht ganz unschuldig, so etwa provozierende Visitatoren des Priesterseminars von Econe im Jahr 1974.
Eine schließlich sehr wohlwollende Visitation der Gemeinschaft durch Kardinal Gagnon und eine Übereinkunft zwischen Erzbischof Lefebvre und Kardinal Ratzinger vom 5. Mai 1988 konnte den Dissens leider nicht mehr überwinden. Bereits am folgenden Tag annullierte der Erzbischof seine Zustimmung zu dem Protokoll, das seine Gemeinschaft in die Universalkirche rechtmäßig integriert hätte. Am 30. Juni weihte er gegen das ausdrückliche Verbot des Hl. Stuhls gemeinsam mit dem emeritierten Bischof von Campos Antônio de Castro Mayer vier Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu Bischöfen. Dieser Akt wurde von Papst Johannes Paul II. ausdrücklich als „schismatisch“ deklariert (vgl. Motu Proprio Ecclesia Dei, Nr. 4).
Aufgrund dieser Bischofsweihen trennten sich die Gründer unserer Gemeinschaft von ihrem geistlichen Vater. Sie setzten dabei einen starken Akt des Glaubens, vor allem an die göttliche Stiftung der konkreten Kirche.

In einer ersten Erklärung stellten sie fest, in der Einheit der Kirche verblieben zu sein. Sie beriefen sich auf das Protokoll vom 5. Mai 1988 und erbaten, als kirchliche Gemeinschaft „kanonisch neu errichtet zu werden, sich der Sorge um das Gottesvolk und insbesondere der Heranbildung von Priestern in authentisch katholischem Geiste widmen zu können und hierbei, wie es der ehrwürdigen Überlieferung der katholischen Kirche entspricht, den göttlichen Kult nach den Richtlinien einer unvordenklichen Tradition feiern zu dürfen.“ (Absichtserklärung vom 2. Juli 1988).
Ihre Absicht umsetzen konnten unsere Gründer auf Basis des von Papst Johannes Paul II. am selben Tag erlassenen Motu Proprio Ecclesia Dei. Am 6. Juli setzten fünf ehemalige Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Rom einen ersten Gründungsakt. Dabei kam es auch zu einer ersten Begegnung mit Papst Johannes Paul II. Um die Gründung auf eine breitere Basis zu stellen, wurde sie am 18. Juli 1988 durch zwölf Priester und einige Seminaristen in der Abtei Hauterive, deren Abt Bernhard Kaul OCist zuvorkommend Gastfreundschaft gewährte, wiederholt. Dies ist das kanonisch relevante Gründungsdatum unserer Gemeinschaft. Die Errichtung durch den Hl. Stuhl erfolgte am 18. Oktober 1988 – nach nur drei Monaten!

Selbstverständlich war dieser Schritt für unsere Gründer nicht einfach. Ganz abgesehen von den menschlichen Zerwürfnissen, die er mit sich brachte, waren sie sich im Klaren, dass die Umstände für die Akzeptanz der Neugründung nicht günstig waren. Aber sie waren der festen Überzeugung, dass angesichts der Kirchenkrise nicht sie es sind, die die Kirche retten, sondern dass die Kirche immer noch uns, die Gläubigen, rettet. Die Tränen im Wappen symbolisieren diese schwere Zeit und den eben beschriebenen Kontext der Gründung.
Dekrete der 1988 errichteten päpstlichen Kommission Ecclesia Dei sicherten unserer Gemeinschaft sofort den Gebrauch sämtlicher liturgischer Bücher, wie sie 1962 in Geltung waren. Darin eingeschlossen war die Erlaubnis zur Erteilung der Tonsur, der Niederen und der Höheren Weihen in der überlieferten Form.
Aufgrund der Vermittlung von Joseph Kardinal Ratzinger, Paul Augustin Kardinal Mayer und dem damaligen Prälaten Walter Brandmüller, nahm uns der damalige Bischof von Augsburg Josef Stimpfle noch im Jahr unserer Gründung in sein Bistum auf; unser Mutterhaus, das Priesterseminar St. Petrus, wurde in Wigratzbad errichtet. Die folgenden Jahre waren nicht einfach. Wer damals im Haus studiert hat, erinnert sich noch zu lebhaft an so manches Provisorium: Vorlesungssäle, Bibliothek, das Fehlen einer eigenen Hauskapelle, die Unterbringung zur Miete im Pilgerheim St. Joseph. Die Zeit der Tränen, so könnte man sagen, war noch nicht so ganz vorbei – wie könnten denn auch Prüfungen im geistlichen Leben fehlen...

Eine schwere Prüfung musste unsere Gemeinschaft gut zehn Jahre nach ihrer Gründung durchmachen, wobei es um die Frage ihrer liturgischen Identität ging. Doch auch diese Zeiten wurden im Glauben durchgetragen. Im Jahr 2000 konnte der Neubau unseres Priesterseminars in Wigratzbad bezogen werden, fast zeitgleich gab es ein neues Seminargebäude in den USA. Die Zeit der Provisorien war damit vorbei.

Seit unserer Gründung hatte uns in Rom Kardinal Ratzinger väterlich begleitet. So war es uns eine unbeschreibliche Freude, als er aus dem Konklave des Jahres 2005 als Papst Benedikt XVI. hervorging. Das ganze Wigratzbader Seminar reiste zur Messe der feierlichen Amtseinführung nach Rom, und das Seminar war auch anwesend bei seiner letzten Messe in Deutschland, die er in Freiburg zelebrierte. Mit tiefer Dankbarkeit blickt unsere Gemeinschaft auf sein Pontifikat zurück: „Während er selbst das Vorbild eines tiefinnerlichen Lebens gab, hat er die Aufmerksamkeit der Katholiken neu auf die Fundamente des Glaubens hin ausgerichtet, diese gegen jede Form des Relativismus geschützt und die jüngeren Dokumente des Lehramtes im Licht der Tradition erklärt. Besorgt um die Wiederherstellung des Sakralen, hat er die römische Kirche mit ihrem zweitausendjährigen liturgischen Erbe versöhnt. Als unermüdlicher Apostel der kirchlichen Einheit hat er namentlich ein Gespräch mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. mit dem Ziel einer vollständigen Einigung ins Werk gesetzt. Diese Aufmerksamkeit des Papstes ist uns in besonderer Weise teuer und ruft uns jene Sorge in Erinnerung, die er unserer eigenen Gründung im Jahr 1988 widmete, als er Johannes Paul II. als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre beistand.“ (aus der Erklärung des Generalhauses zum Amtsverzicht)
Soweit also zur Gründung und zum kirchengeschichtlichen Kontext. Doch, was ist eigentlich diese Priesterbruderschaft ihrem Wesen nach?

Kirchenamtlich ist sie eine „klerikale Gesellschaft apostolischen Lebens päpstlichen Rechts“. Hinter dieser trockenen Begriffsfassung verbirgt sich ein erster Zugang zum Wesen und zur Spiritualität unserer Gemeinschaft. Die Priesterbruderschaft St. Petrus ist eine Gesellschaft apostolischen Lebens. Als solche streben alle ihre Mitglieder nach der „Vollkommenheit der Liebe“ (Konstitutionen Nr. 1), und ihr gemeinsames Ziel besteht in der „Heiligung der Priester durch die Ausübung des Priesteramtes“ (Konstitutionen Nr. 7) und dies im Sinn der eigenen liturgischen Identität. Eine Gesellschaft apostolischen Lebens nimmt, vereinfacht gesagt, eine Position zwischen Weltklerus und Ordensklerus ein. Wie bei Orden und Kongregationen leben ihre Mitglieder in Hinblick auf das gemeinsame Ziel in Gemeinschaft und verfolgen dasselbe Ideal. Sie legen aber keine Gelübde ab, sondern binden sich durch ein einfaches Versprechen an die Gemeinschaft und ihre Autorität.
Die Gesellschaft ist päpstlichen Rechts. Das bedeutet, dass sie bei allen Fragen interner Art nur den eigenen Oberen und diese direkt dem Hl. Stuhl unterstellt sind. Bei Fragen des Apostolats sind sie zusätzlich auch der jeweiligen Autorität des Bistums unterstellt.
Die Seele einer solchen Gesellschaft aber ist das Gemeinschaftsleben. Das bedeutet, dass der Einzelne von dem Wunsch getragen ist, in seinem Leben durch Gottes Gnade in dieser konkreten Gemeinschaft die Vollkommenheit der Liebe zu Gott und zum Nächsten zu verwirklichen. Der einzelne versteht also seine Sendung immer von der Gemeinschaft mit allen Mitbrüdern her, im Wissen, dass man zur selben geistlichen Familie gehört, die auch menschlich in schwieriger Zeit zu tragen vermag. Das tägliche Gebet ist der Angelpunkt des Gemeinschaftslebens. Dieses findet seine Entfaltung im Apostolat, bei den Mahlzeiten und auch zum Teil bei ungezwungener gemeinsamer Erholung.
Die Priesterbruderschaft St. Petrus ist eine Gesellschaft apostolischen Lebens. Das bedeutet, dass sie ihren Platz im Rahmen der aktiven kirchlichen Gemeinschaften einnimmt. Geprägt ist das Apostolat vom tiefen Wunsch, wahre Seelsorger zu sein, Menschen für Christus zu gewinnen. Wie sehr gilt doch für den Priester, was Papst Pius XII. allgemein formulierte, dass es „ein wahrhaft schaudererregendes Mysterium“ sei, „dass nämlich das Heil vieler abhängig ist von den Gebeten und freiwilligen Bußübungen der Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi … und von der Mitwirkung, die die Hirten und Gläubigen … unserem göttlichen Erlöser zu leisten haben.“ (Enzyklika Mystici Corporis, 29. Juni 1943). Das konkrete Apostolat ist sehr vielfältig gestaltet. Die häufigste Form ist jene der Seelsorge nach der Art einer Pfarrei. Auch im Bereich der Kinder- und Jugendseelsorge, des Pfadfinderwesens, der Krankenseelsorge und des besonderen Beichtapostolates sowie im akademischen Bereich sind wir tätig. Eine besondere Verantwortung geben uns unsere Konstitutionen für die Sorge um das Priestertum und die Priesterausbildung, auch für die priesterlichen Mitbrüder außerhalb der eigenen Gemeinschaft.
Bislang haben wir unsere Priesterbruderschaft anhand ihrer kirchenrechtlichen Begriffsfassung beschrieben. Worin aber unterscheidet sie sich von anderen Gemeinschaften ihrer Art?

Unser Charisma beruht im Wesentlichen auf drei Grundlagen. Zunächst – und darauf deuten die päpstlichen Schlüssel in unserem Wappen – ist uns eine besondere Treue zum Nachfolger Petri und zur kirchlichen Hierarchie wichtig. Gerade bei unserer Gründung zeigte sich die Treue zum Papst! Aber auch mit Blick auf die Kirchengeschichte wissen wir, dass einerseits (nach menschlichem Urteil) schwache Päpste die Kirche nicht untergehen ließen, dass aber andererseits sehr wohl alle Reformbewegungen, die sich vom Felsen Petri gelöst haben, letztlich untergehen mussten. Diese Haltung impliziert in Bezug auf das II. Vaticanum die loyale Annahme des konziliaren und nachkonziliaren Lehramtes, wobei diese Lehrentwicklung gemäß der inzwischen von Papst Benedikt XVI. ins Relief gehobenen „Hermeneutik der Reform“ interpretiert wird (vgl. Ansprache vom 22. Dezember 2005). Dabei steht bei aller neuen Entwicklung im kirchlichen Leben und bei aller Vertiefung der Lehre das eigentliche Depositum fidei, das Glaubensgut, nicht zur Disposition, so als könne die Kirche dies selbst erfinden. Das Konzil wird also konsequent im Lichte der ganzen Tradition gesehen und nach den Normen des Lehramtes selbst interpretiert, im Wissen, dass „entsprechend Lumen Gentium Nr. 25 … nicht alle Dokumente des Konzils den gleichen Rang haben.“ (J. Ratzinger, Rede vom 12. Juli vor den Bischöfen von Chile). Eine korrekte Konzilshermeneutik vermag für die Kirche viele Früchte zu bringen.
Die Liturgiereform muss man vom Konzil selbst unterscheiden. Sie war einem Rat anvertraut, der als Institution selbst nicht Teil des Konzils war. Bereits Papst Johannes Paul II. hatte als Referenzpunkt für die ältere Messliturgie den „Stand von 1962“ festgelegt und damit implizit davon entbunden, alle praktischen Reformwünsche der Liturgiekonstitution des Konzils umsetzen zu müssen. Die neue Liturgie ist durch die Autorität des Papstes gültig und legitim und als kirchliche Form zu achten, auch wenn man nur die ältere Form zelebriert und in aller Loyalität sachliche Kritik an den Reformen vorbringen kann.
Die zweite Grundlage unseres Charismas ist die Sorge um die Rechtgläubigkeit der Lehre, die durch gesunde philosophische und theologische Prinzipien gewahrt wird. Deswegen ist – übrigens auch dem Wunsch des II. Vaticanums entsprechend (vgl. Optatam totius 16) - die Ausbildung in unseren Seminarien „den Prinzipien und Methoden des heiligen Thomas von Aquin“ (Konstitutionen Nr. 10) verpflichtet, den die Priesterbruderschaft St. Petrus auch in besonderer Weise liturgisch verehrt. Es ist uns ein Anliegen, die Schätze der theologischen Tradition zu heben und in den heutigen akademischen Diskurs, aber auch in die Formung der uns anvertrauten Gläubigen einzubringen.
Die dritte Grundlage unseres Charismas ist die schon in der Absichtserklärung der Gründer niedergelegte liturgische Identität der Gemeinschaft in der Wahl der traditionellen römischen Liturgie (seit Papst Benedikt forma extraordinaria genannt). Diese Entscheidung steht im Kontext der oben skizzierten Kirchenkrise. Sie „stellt einerseits in der Hinwendung zur bewährten Tradition eine Antwort auf diese Krise dar, aber keine Absage an eine legitime organische Weiterentwicklung der Liturgie, wie es sie in der Kirche immer gegeben hat.“ (Direktorium für die hl. Liturgie Nr. 6). Dies beinhaltet gewissermaßen einen mehr nach außen und einen mehr nach innen gewandten Aspekt. Nach außen wird durch die Feier dieser Form besonders der sakrale Charakter kirchlichen Gottesdienstes betont. Kardinal Ratzinger hatte als Reaktion auf die Bischofsweihen durch Lefebvre u.a. gesagt: „Wir müssen die Dimension des Heiligen in der Liturgie zurückerobern.“ (Rede vom 12. Juli vor den Bischöfen von Chile). Wird der usus antiquior des Römischen Ritus an vielen Orten gefeiert, dann wird er automatisch zum Maßstab und dient der Gesamtkirche. Ins Relief gehoben werden u. a. auch die Lehre über Priestertum und Messopfer.
Nach innen wird uns die Messe zum Zentrum der Heiligung: „Durch den Weihecharakter wird der Priester Christus gleichgestaltet, dem Ewigen Hohenpriester, der zugleich Opfergabe ist. Ihm alleine ist die Vollmacht geschenkt, das Messopfer zur wahren Sühne unserer täglichen Sünden darzubringen. Durch die Darbringung des Messopfers tritt er mit den ihm anvertrauten Gläubigen und der Gesamtkirche an bevorzugter Stelle in die Dynamik der sich opfernden Hingabe des Herrn ein. So wird er im Inneren seines Seins angespornt, nachzuahmen, was er am Altare vollzieht, und nach jener ‚Vollkommenheit der Liebe‘ zu streben, die das höchste Ziel unserer Gemeinschaft ist.“ (Direktorium für die hl. Liturgie, Nr. 7).

Insofern verstehen wir unser apostolisches Leben als Fortsetzung des Dienstes im Heiligtum. Bereits der junge Seminarist wird bei der Erteilung der Tonsur und beim Empfang der Soutane, des geistlichen Kleides der Gemeinschaft, zutiefst von dieser Haltung geprägt. Er bringt am Altar dar, was sein ist, um in Gemeinschaft mit Christus in seinem Leib, der Kirche, ganz neue Kreatur zu werden. Er vereint sich mit dem Opfer des Herrn, um freudig am Seelenheil der vielen mitzuwirken. So möchten wir bescheiden, aber überzeugt und getragen vom eigenen Ideal, in Gemeinschaft mit allen in der Kirche, der Neuevangelisierung dienen.