zurück zur Übersicht
 

Grußwort von Paul Augustin Kardinal Mayer

für die im Jahr 1998 veröffentlichte Sondernummer des Informationsblattes der Priesterbruderschaft St. Petrus zum zehnjährigen Bestehen der Gemeinschaft. Kardinal Mayer († 2010) war erster Präsident der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei und ein wichtigerer Förderer der Petrusbruderschaft.


Die Bruderschaft St. Petrus blickt auf die ersten zehn Jahre ihres Bestehens und Wirkens zurück. Gerne schließe ich mich dem innigen Dank gegen Gott an, von dem der Generalsuperior P. Josef Bisig und alle Mitglieder der Bruderschaft bei solcher Rückschau erfüllt sein dürfen. Der Herr hat damals die Kraft gegeben, liebgewordenen geistlichen Bindungen und Sicherheiten um der Treue zu seiner Kirche willen zu entsagen und den Schritt ins menschlich Ungewisse, „in das Land, das ich dir zeigen werde“ (Gen 12,1), zu wagen.
Nicht ohne Bewegtheit denke ich an die ersten Julitage des Jahres 1988 zurück. Einige der von der Bruderschaft St. Pius X. sich trennenden Priester und Seminaristen waren nach Rom gekommen, um nach der wieder gefundenen vollen Einheit mit dem Stellvertreter Christi ihren neuen kirchlichen Status zu suchen und zu erhalten. Papst Johannes Paul II. hatte mit dem Motu proprio „Ecclesia Dei adflicta“ vom 2. Juli 1988 dafür liebevolle Vorsorge getroffen durch Errichtung einer eigenen Päpstlichen Kommission und die Zusicherung, daß die von Erzbischof Lefebvre sich trennenden geistlichen Gemeinschaften weiterhin die überlieferte römische Liturgie nach dem Missale von 1962 feiern dürfen.
Es blieben aber noch Fragen genug. So wurde damals in einer Besprechung in meiner Wohnung auch die Frage erörtert, wie die neu entstehende Gemeinschaft sich nennen sollte. Mehrere Vorschläge wurden gemacht, ohne eine Entscheidung zu treffen. Diese erfolgte kurz darauf beim Obelisk auf dem Petersplatz, als im Blick auf die nach dem Apostelfürsten benannte Basilika ganz spontan der Name „Priesterbruderschaft St. Petrus“ gewählt wurde. Der Name enthielt zugleich eine ebenso kurze wie tiefe Aussage über den geistlichen Standort der neuen Gemeinschaft.
Einige Tage später wurde mir die Leitung der vom Papst ins Leben gerufenen Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ anvertraut; so habe ich in den ersten entscheidungsschweren Jahren Freud und Leid der Priesterbruderschaft und der anderen traditionsgebundenen Gemeinschaften intensiv miterlebt.

Grund zu tiefer Freude war und bleibt die Entwicklung der Mitgliedschaft. In einer Zeit, da in der sogenannten ersten Welt die Kirche einen dramatischen Einbruch der Priesterberufe beklagen muß, erfahren die Seminare der Bruderschaft in Wigratzbad (Bayern) und in der Diözese Scranton (USA) einen Andrang von Kandidaten. Vor fast 10 Jahren, am 10. Dezember 1988, durfte ich in der Kirche der Anima in Rom den ersten Kandidaten aus der Bruderschaft St. Petrus zum Priester weihen. Unterdessen sind viele Priester in eifrigem Einsatz, und eine große Schar froher junger Menschen bereitet sich auf die Weihe und Sendung als Priester vor. Gegenüber der heutigen Gefahr, den Sinn für das Sakrale zu verlieren, wird die Liturgie in der Bruderschaft mit der dem Mysterium geschuldeten Ehrfurcht gefeiert und so in vielen Menschen durch Vorbild und Lehre der Glaube vertieft, die Gabe des Betens erneuert und die Liebe zur Kirche gefestigt.

Um diese fruchtbare priesterliche Wirksamkeit zu sichern und auszuweiten, werden die verantwortlichen Leiter und alle Mitglieder der Bruderschaft darauf achten, daß die Gemeinschaft mit dem jeweils zuständigen Ortsbischof gesucht und gewahrt wird. Sie werden auch im Hinblick auf den nach dem Konzil erneuerten römischen Ritus ihr Auge nicht so sehr auf den leider zu beklagenden und nicht so seltenen Mißbräuchen verweilen lassen, sondern auch die nach den neuen Normen treu und auch ehrfurchtsvoll gefeierte Liturgie in ihrem von den Gläubigen erfahrenen Wert anerkennen. Ebenso aber bleibt sehr zu wünschen, daß immer mehr Oberhirten und die sie beratenden geistlichen Mitarbeiter mit der vom Papst nachdrücklich gewünschten Weite des Herzens den Anliegen der von der Kirche anerkannten traditionsgebundenen Gemeinschaften vertrauensvoll entgegenkommen. So werden, wie Papst Johannes Paul II. bei der feierlichen Audienz des 26. Oktober 1998 gesagt hat, legitime Verschiedenheiten die Glieder der Kirche nicht voneinander trennen, sondern unter der Einwirkung des Heiligen Geistes sie anspornen, gemeinsam das Evangelium zu verkünden. Quod Deus „nobis largiri dignetur! - Was Gott sich würdige, uns zu schenken!"