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Zur Entstehungsgeschichte der Petrusbruderschaft

Bemerkungen zur Gründungsgeschichte der Bruderschaft von P. Josef Bisig FSSP, anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Priesterbruderschaft St. Petrus. P. Josef Bisig ist Mitbegründer der Petrusbruderschaft und war deren erster Generaloberer von 1988 bis 2000. Der folgende Beitrag wurde 1998 in der Sondernummer des Informationsblatts zum zehnjährigen Gründungsjubiläum veröffentlicht.


Wie die Mutter vom Sieg siegt

Meine Mitbrüder haben mich gebeten, einige Erinnerungen aufzuschreiben über die Ereignisse vor zehn Jahren, über die Errichtung unserer Gemeinschaft und unseres Priesterseminars St. Petrus im Marienwallfahrtsort Wigratzbad. Um der gütigen Vorsehung Gottes die Ehre zu geben, will ich dies gerne tun.
 

I. Die Errichtung der Priesterbruderschaft St. Petrus


Die unrechtmäßigen Bischofsweihen vom 30. Juni 1988 durch Seine Exzellenz Erzbischof Marcel Levebvre waren der Anlaß für unsere Bemühungen, eine Priestergemeinschaft zu gründen, die sich in besonderer Weise die Feier des heiligen Messopfers und die Spendung der übrigen Sakramente im klassischen, überlieferten römischen Ritus zur Aufgabe machen wollte. Wir, etwa zehn Priester und zwanzig Seminaristen der Priesterbruderschaft St. Pius X., fühlten uns damals wie Waisen, die von ihrem Vater verlassen wurden, indem er das Abkommen mit Rom vom 5.Mai 1988 aufkündigte und glaubte, zum Wohl der Kirche und seiner Priestergemeinschaft, auch gegen den ausdrücklichen Willen des Nachfolgers Petri, des Hauptes aller Bischöfe, vier eigene Bischöfe für seine Bruderschaft weihen zu müssen. Nur das eine war damals nach dem 30. Juni 1988 klar für uns: wir können nicht in unserer Priesterfamilie bleiben, da sie sich von Rom losgelöst hat; aber wir wußten nicht, wohin wir gehen sollten. In diese große Ratlosigkeit fiel am 2. Juli 1988 die Veröffentlichung des Briefes des Heiligen Vaters „Motu proprio Ecclesia Dei adflicta“. Wir faßten neuen Mut und beschlossen trotz unserer geringen Zahl, in Rom selbst unseren Wunsch nach einer Neugründung vorzutragen.
Dort verabredeten wir uns mit einigen Mitbrüdern aus Frankreich; Treffpunkt war der Obelisk auf dem Petersplatz. Bereits damals, im Anblick der majestätischen Basilika über dem Grab des Apostelfürsten, nahmen wir uns vor, zum Zeichen unserer Romtreue den hl. Petrus zum Patron unserer neuen Bruderschaft zu erwählen.

Darauf folgten - in einem für das ewige Rom atemberaubenden Tempo - die verschiedenen notwendigen Schritte zur Errichtung unserer Gemeinschaft: Noch am Tage unserer Ankunft in Rom konnten wir Seine Eminenz Joseph Kardinal Ratzinger sprechen; am Mittwoch, den 6.Juli, gab es eine kurze Begegnung mit dem Heiligen Vater, und am Donnerstag hatten wir Gelegenheit, in einem ausführlichen Gespräch dem väterlichen Präsidenten der Kommission Ecclesia Dei, Seiner Eminenz Augustin Kardinal Mayer, unsere Pläne und Wünsche für unsere zu gründende Gemeinschaft vorzutragen.
Gestärkt und ermutigt durch die römische Autorität, hielten wir am 17. und 18. Juli das Gründungskapitel der Bruderschaft St. Petrus in Hauterive, Kanton Freiburg, in der Schweiz, bei dem die Grundlinien unserer Statuten beschlossen und der Generalrat und der Generalobere gewählt wurden. Schon Anfang September war es mir möglich, vor allem dank des eifrigen Einsatzes unseres Generalsekretärs und Kirchenrechtsexperten, P. Patrick du Faÿ, den Entwurf unserer Konstitutionen der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei zur Approbation vorzulegen. Bei diesem Besuch Anfang September 1988 in Rom konnte ich mich wiederum von der Ernsthaftigkeit der Absicht der pästlichen Kommission und ihres Präsidenten, Seiner Eminenz Augustin Kardinal Mayer, überzeugen, unsere Gemeinschaft bald zu errichten und ihre Konstitutionen zu approbieren. Schon vor dieser Errichtung empfing ich zu meiner großen Freude und zur Beruhigung vieler noch kritischer Freunde ein Dekret von Kardinal Mayer, das den Mitgliedern der Priesterbruderschaft St. Petrus den Gebrauch der vier liturgischen Bücher (Missale, Brevier, Rituale und Pontifikale), die im Jahre 1962 Geltung hatten, erlaubt.
Bereits am 18. Oktober, genau drei Monate nach unserer Gründungsversammlung, war es dann soweit: Der Heilige Vater ordnete in der Audienz, die er „unserem“ Kardinal Augustin Mayer gewährte, an, das Errichtungsdekret mit der Approbation unserer Statuten zu unterzeichnen und zu veröffentlichen. Der Sekretär von Kardinal Mayer, Msgr. Perl, der uns bei unserer Gründung ebenfalls stets sehr tatkräftig unterstützte, sagte damals zu mir: „Ihre Bruderschaft ist wohl die schnellst errichtete Klerikergemeinschaft der Kirchengeschichte.“
 

II. Die Errichtung des Priesterseminars St. Petrus in Wigratzbad im Allgäu


Die päpstliche Kommission Ecclesia Dei erkannte schnell, daß es mit der Errichtung unserer neuen Gemeinschaft St. Petrus nicht getan war: wir mußten so schnell wie möglich auch ein eigenes Haus zur Priesterausbildung finden; sonst würden wir die sich uns anvertrauenden Seminaristen - es waren mindestens zwanzig - wieder verlieren. Auch hierüber gab es von Anfang an intensive Gespräche mit Kardinal Mayer und seinem Sekretär, Mons. Camille Perl. Nachdem mein Versuch, unser Seminar provisorisch für ein Jahr im Kurhaus in St. Pelagiberg unterzubringen, schließlich scheiterte, verwies mich Mons. Perl an gute Freunde in der Diözese Augsburg. Dank deren Hilfe konnte ich zusammen mit P. Gabriel Baumann bereits Ende August 1988 mit dem damaligen Bischof von Augsburg, Dr. Josef Stimpfle, über unser Seminarprojekt sprechen. Er hatte deswegen eigens seinen Sommerurlaub in der Schweiz unterbrochen. Und da er in unserem Plan einen weltkirchlichen Auftrag und den Wunsch des Heiligen Vaters erkannte, zögerte er nicht, uns bald eine konkrete Lösung für unsere großen Sorgen anzubieten: Er erlaubte uns die Errichtung unseres Priesterseminars an der Marienwallfahrtsstätte in Wigratzbad, wo soeben der Neubau des Pilgerheimes St. Josef fertiggestellt wurde.

Meine Überraschung und Freude waren groß: Nicht im Traum hatte ich daran gedacht, daß wir schließlich an diesen Gnadenort  gehen dürften. Denn ich wußte sehr wohl, daß es schon einige vergebliche Versuche gegeben hatte, dort ein Seminar zu errichten. So z.B. im Winter 1977/78 waren Erzbischof Lefebvre und P. Franz Schmidberger, damals Regens, beim Pilgerseelsorger, P. Johannes Schmid, zu Besuch, um über eine Verlegung des deutschprachigen Seminars der Bruderschaft St. Pius X. nach Wigratzbad zu verhandeln. P. Schmidberger war damals fest davon überzeugt, daß die Voraussage von Pater Schmid, es werde nach Wigratzbad ein Priesterseminar kommen, sich auf sein Seminar beziehe. Aber all diese Pläne scheiterten; denn der Bischof betonte oft - so auch bei der Einweihung der Pilgerkirche im Jahre 1976 - daß er in Wigratzbad kein zweites Seminar errichten könne; man solle aber weiterhin hier eifrig beten für gute Priesterberufe. Eine kleine Ironie der Vorsehung ist es, daß ausgerechnet P. Schmidberger, der damalige Generalobere der Bruderschaft St. Pius X., durch seine damalige Einflußnahme bei einigen Schwestern in St. Pelagiberg mich dazu veranlaßte, von diesem ursprünglichen Plan abzusehen und mich nach Augsburg hin zu orientieren. So habe ich es indirekt ihm zu verdanken, daß die Prophetie des Seminars von Wigratzbad schließlich an unserer Gemeinschaft erfüllt wurde!

Bischof Stimpfle selbst erzählte mir von einem seiner letzten Gespräche mit dem kranken Pilgerpriester P. Schmid in dessen Todesjahr (1987): „Vater Bischof, sie wollen es mir nicht glauben, aber hier nach Wigratzbad wird ein internationales Seminar kommen, ein Seminar aus Rom.“ Nur ein Jahr später erfüllte der Bischof durch sein großzügiges Anerbieten diese Worte des frommen Paters. Auch mir war diese Voraussage schon längst bekannt, schon in den 60er-Jahren als ich mit meinen Eltern als junger Gymnasiast nach Wigratzbad pilgerte und dort für gute marianische Priester und ein Priesterseminar betete. Damals konnte ich natürlich nicht ahnen, einmal der erste Regens dieses Seminars zu sein!

Der 10. Jahrestag der Gründung unserer Bruderschaft und unseres Seminars in Wigratzbad ist deshalb für uns vor allem ein Anlaß, der göttlichen Vorsehung und all denen, die mit Ihr mitgewirkt haben zum Wohl unserer Gemeinschaft, aus tiefstem Herzen zu danken. Weiterhin empfehlen wir unser Werk und insbesondere die Ausbildung unserer Priester dem mütterlichen Schutze Unserer Lieben Frau vom Siege an.