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Predigt von P. Walthard Zimmer FSSP (Gründungsmitglied) anlässlich der österreichischen Wallfahrt nach Maria Taferl im Oktober 2013 zur 25-jährigen Gründung der Priesterbruderschaft St. Petrus.
 

Am Anfang stand das lautere Herz

Liebe Gläubige, liebe Freunde der Priesterbruderschaft St. Petrus
Am 18. Oktober 1988 - nur drei Monate nach ihrer Gründung - errichtete Papst Johannes Paul II. die Priesterbruderschaft St. Petrus als klerikale Gemeinschaft päpstlichen Rechtes. Die Priesterbruderschaft St. Petrus ist damit die am schnellsten errichtete Gemeinschaft in der ganzen Kirchengeschichte. Gestern haben wir den fünfundzwanzigsten Jahrestag unserer Errichtung gefeiert und heute machen wir aus diesem Anlass eine Dankwallfahrt zur schmerzhaften Muttergottes in Maria Taferl. Es ist ein passender Ort für diesen Anlass. Denn die Pieta, die schmerzhafte Muttergottes, ist uns ein Vorbild für unerschütterliches Gottvertrauen, selbst wenn die Liebe zu Gott und der Gehorsam ihm gegenüber menschlich gesehen in die Katastrophe führen. Auch in jenem Augenblick, als sie ihren gekreuzigten Sohn in ihren Armen hielt, und all das, dem hier auf Erden ihre Liebe galt, aus Bosheit getötet, kaputt und verloren schien, hielt sie in treuem Glauben an Gott und seine Vorsehung fest. Ihr Sohn tot, sein Werk zerstört, keine Perspektive, wie es weitergehen solle, wie Gott hier einen Weg heraus finden wolle. Aber nur drei Tag später erkannte sie in ihrem auferstandenen Sohn Gottes den Weg aus der Aussichtslosigkeit. Die Katastrophe hatte sich gewandelt ist das zentrale Heilsereignis der Menschheitsgeschichte.
Als die Gründer der Petrusbruderschaft rund um die unerlaubten Bischofsweihen von 1988 durch Erzbischof Lefebvre die Priesterbruderschaft St. Pius X. verließen, wusste niemand von ihnen, wie es weitergehen würde. Sie wussten nur, dass der Gehorsam gegenüber der Verfassung der Kirche ihnen verbietet, den Weg, den sie bisher gegangen waren,  weiter zu gehen; dass die Liebe zu Gott ihnen gebietet auf Gott zu vertrauen, dass ER irgendwie ein Lösung finden würde. Die Gründer dachten dabei eher daran, dass Gott irgendwie die Bischofsweihen verhindern würde, dass sich Erzbischof Lefebvre den Fuß brechen oder der Papst doch noch die Erlaubnis geben werde. Sie sahen sonst keinen anderen Weg. Aber Gott hat gezeigt, dass er quasi über Nacht eine neue Bruderschaft in der Kirche begründen kann, der alles in den Schoß fällt, wofür Erzbischof Lefebvre so lange gekämpft hatte. Das Wirken der Vorsehung ging spürbar weiter, als das Seminar in Wigratzbad eröffnet werden konnte, das seit vielen Jahren dort prophezeit war und wenige Monate vor dem Kommen der Priesterbruderschaft St. Petrus fertiggestellt wurde.

Für die Gründung der Priesterbruderschaft St. Petrus waren zwei Merkmale entscheidend:
Erstens eine ehrliche Haltung, eine Liebe zur Wahrheit, die versucht hat, Antworten zu finden unabhängig davon, ob sie gefielen oder nicht, unabhängig davon, ob sie uns zum Vorteil oder Nachteil würden. In der Zeit vor den unerlaubten Bischofsweihen analysierten auch die späteren Gründer der FSSP die Lage der Kirche – gemäß ihrer Sichtweise – erkannten, wie notwendig nach menschlichem Ermessen Bischöfe für den Fortbestand der Piusbruderschaft wären, studierten die Möglichkeit von Bischofsweihen gegen den Willen des Papstes – aber eben nicht, um sich irgendwelche Argumente zurecht zu legen, sondern um zu erkennen, was nach dem Willen Gottes das Wahre, Gute und Richtige ist. Sie versuchten Erzbischof Lefebvre von seinem Vorhaben, gegen den Willen des Papstes Bischöfe zu weihen, abzubringen und mussten mitansehen, wie alles vergeblich war und wie sie unaufhaltsam auf eine Katastrophe zusteuerten.
Und da wurde das zweite Merkmal bedeutsam, das zur Gründung der Priesterbruderschaft St. Petrus führte: Ein großes Vertrauen auf die Vorsehung, dass dann, wenn die Liebe zur Wahrheit Menschen scheinbar in eine Katastrophe führt, Gott dennoch einen Ausweg finden wird. Und dieses Vertrauen wurde überreich belohnt.

Liebe Gläubige,
In der Kirche lassen sich heute, 25 Jahre nach dieses Ereignissen, einige Parallelen finden: Da gibt es zum Beispiel eine Gruppe, die auch die Lage der Kirche analysiert – gemäß ihrer Sichtweise – und befindet, wie schlecht und furchtbar doch alles ist. Sie sucht aber nicht zu erkennen, was der Wille Gottes ist, sondern will durch Ungehorsam und Druck von der Basis einen ganz bestimmten Weg erzwingen, den sie für eine Lösung hält. Viele Menschen, tendenziös von den Medien halbinformiert, glauben, der Papst würde jetzt die Morallehre der Kirche umschreiben und die Verfassung der Kirche revolutionieren. Manche jubeln darüber und bauen eine atemberaubende Erwartungshaltung auf, dass jetzt alles ganz anderes wird. Ich höre jetzt schon, wie die Medien, „zugelehnt“ an einige Kommentatoren, jammern werden, der Papst habe sich gegen die Konservativen nicht durchsetzen können, eine Chance sei vertan worden und alle sind so furchtbar enttäuscht. Das alles ist Unsinn, denn jetzt schon weiß ich, dass das, was sich einige erwarten, nicht eintreten wird, weil es nicht eintreten kann. Andere sind wegen der Medienberichte über den Papst erschüttert, verängstigt, der Verzweiflung nahe, weil sie meinen, die Kirche befinde sich im freien Fall in den Abgrund. In ihrer Absicht, jetzt noch schnell selbst zu retten, was zu retten ist, sind sie oft denen gleich, die erzwingen wollen, was sie für notwendig halten. Sie alle haben die Botschaft von Kreuz und Auferstehung nicht verstanden. Sie alle folgen nicht dem Beispiel der schmerzhaften Mutter, die still mit ihrem Sohn leidend, auf Gott vertrauend die Tage der Katastrophe durchsteht.
Die Priesterbruderschaft St. Petrus hat ihr eigenes Anliegen und ihren Platz in der Kirche. Sie will durch die Feier des außerordentlichen Ritus, durch Ausbildung von Priestern, die aus der Fülle der Tradition leben, gebildet sind durch eine gute Theologie, die sich an der Lehre und Systematik des heiligen Thomas von Aquin orientiert und durch eine gelebte Treue zum Papst und zum Lehramt in der Kirche mit ihrer Seelsorge eine erneuernde Kraft sein. Manchmal aber frage ich mich, ob nicht die eigentliche Bedeutung der Bruderschaft in der Kirche eine ganz andere ist: dass sie nämlich lebendiges Zeugnis dafür ist, dass der, der mit lauterem Herzen und Gottvertrauen an dem festhält, was er als gut, richtig und wahr erkannt hat – unabhängig davon, ob ihm das nach irdischem Ermessen Vorteile oder Nachteile bringt – von Gott nicht im Stich gelassen wird und in kurzer Zeit erreichen kann, was andere mit viel Aufwand und Wirbel zu erzwingen suchen.
Der Anfang unserer Gemeinschaft ist ein lebendiges Zeugnis dafür, dass Gottes Vorsehung niemanden im Stich lässt, wenn er nach vernünftigem Studium und mit lauterem Herzen einfach das Gute und Richtige tut. Gottes Vorsehung findet dann Auswege, Mittel und Möglichkeiten, ohne dass sich jemand den Fuß brechen muss und ohne dass wir einen jener Wege erzwingen müssen, die wir begrenzte Menschen uns bauen wollen.

Wenn Sie mich, liebe Gläubige, fragen würden, was stand am Anfang der Priesterbruderschaft St. Petrus, dann würde ich nicht antworten, es war der Wille, an der überlieferten Liturgie festzuhalten, es war die Treue zum Papst oder sonst ein anderes offenkundiges Merkmal; ich würde antworten: Am Anfang der Bruderschaft stand das lautere Herz. Wenn wir daran festhalten, wird Gottes Vorsehung uns festhalten, auch wenn ihre Lösungen – ich möchte sagen: in der Regel – anders aussehen als die, die wir uns vorstellen können. So will ich diese Predigt schließen mit einem Dank an Gott und mit der Bitte an uns alle, die schmerzhafte Muttergottes stets als Vorbild für uns vor Augen zu haben. Amen.